Bald ist es wieder soweit: Der Wahnsinn beginnt. Natürlich spreche ich vom NaNoWriMo. Aber was kann man in diesem verrückten Monat eigentlich schreiben? Woher weiß ich, dass eine Idee die richtige ist?

Seit 2009 ist mein November heilig: Es ist NaNoWriMo, kurz NaNo. Was es damit genau auf sich hat, habe ich an anderer Stelle und in grauer Vorzeit schon beschrieben. Das Vorhaben, sich einen Monat lang so intensiv wie möglich auf ein Romanprojekt einzulassen und mindestens 50.000 Wörter daran zu schreiben, mag nicht für jeden attraktiv klingen, und tatsächlich funktioniert der NaNo auch nicht für jeden. Ich schreibe ihn traditionell mit meinen großartigen Tintenzirklern zusammen – unser NaNo-Unterforum entwickelt alljährlich eine ganz besondere Dynamik, die viel dazu beiträgt, einen durch diesen Monat zu tragen.

Mit das Wichtigste am NaNo ist natürlich auch das richtige Projekt.

2009 habe ich mich Ende Oktober für den NaNo entschieden und getreu dem Motto »No plot? No problem!« mit der Urfassung meiner »Kondorkinder« begonnen. 2010 plottete ich seit August daran weiter, um sie dann im November fertigzuschreiben. Danach pendelte es sich ein, dass meine NaNo-Projekte irgendwann im Lauf des Jahres bei mir vorstellig wurden und sich dann auch als solche zu erkennen gaben.

Nicht jede Idee funktioniert bei mir im NaNo. Nicht jede Geschichte schreibt sich auf die gleiche Weise. Die sanften, bildreichen, die sich nur in kleinen Häppchen schreiben lassen und bei denen ich jeden Satz für sich abwägen muss, die kann ich beispielsweise nicht im NaNo schreiben. Ähnlich sieht es mit recherchelastigen Projekten aus. In diesem Jahr habe ich lange mit dem Gedanken geliebäugelt, historische Fantasy mit sehr großem Historikanteil im NaNo zu schreiben. Das habe ich fallenlassen, als der September im Kalender aufploppte und mir klar wurde, dass ich mit der Recherche noch keinen Schritt weiter war als drei Monate zuvor. Aber historisch ohne akribische Recherche geht für mich nicht, und im NaNo ist dafür dann auch keine Zeit.

Historisch scheidet für mich also letztendlich aus – auch, weil der Teufel eben im Detail steckt. Als ich 2010 an den »Kondorkindern« weiterschrieb, bremste mich die Frage aus, ob es im 18. Jahrhundert schon Streichhölzer in abgelegenen Andendörfern gegeben haben könnte. Finde das mal raus. So auf die Schnelle.

Und dann gibt es die Ideen, die sich einschleichen und behaupten, sie wären das diesjährige NaNo-Projekt. Auf den ersten Blick stimmt auch alles: Setting, Grundidee und Figuren lassen mein Herz höher schlagen, und ich weiß, dass ich dieses Buch unbedingt schreiben will. So geschehen 2014 mit »Mictlan«, so geschehen 2015 mit »Coba Coba!«.

An beiden Ideen tüftelte ich fleißig herum – und ließ sie dann wenige Tage vor dem NaNo-Start fallen. Nicht grundsätzlich und nicht für immer. Ich werde beide Romane noch schreiben. Aber wahrscheinlich nicht im NaNo.

NaNo-Ideen dürfen nicht stumm bleiben. Sie müssen redselig sein, drängelnd, quengelnd, immer neue Bilder mitbringen. 2013 schrieb ich beispielsweise meinen Sci-Fi-Inkapunk »Feuerschwingen«, und bereits Wochen vorher hatte mich das Projekt in unfassbar festem Griff. Das waren Figuren, die plötzlich auf meinem Sofa saßen und keinen Widerspruch duldeten. Sie bombardierten mich mit Ideen und Dialogfetzen – einmal bescherte mir das einen Lachanfall mitten in der U-Bahn. Das war eine Geschichte, die lebendig unter meinen Fingern pulsierte, noch bevor ich das erste Wort geschrieben hatte.

Für mich ist genau das das Geheimnis. Ideen reifen. Es gibt welche, die das in atemberaubender Geschwindigkeit tun und andere, die eher gemütlich dabei sind. Wenn eine Idee für sich bleibt und nicht nachklingt, wenn ich sie anstupse, dann ist sie möglicherweise noch immer gut – aber eben nicht unbedingt nanotauglich.

Und was gibt es dieses Jahr? Die Figuren geben sich bislang vertrauensvoll, aber relativ wortkarg. Was es im Übermaß gibt, sind Stimmung und Bilder. Es ist eine Domino-Idee: Ich stoße eine an, und dahinter kommen weitere in Bewegung. Sie wächst und wächst. Die ausstehende Plotarbeit fühlt sich nicht nach Ballast an. Ein gutes Zeichen. Die Idee hat Atmosphäre, Dialoge und Handlung im Gepäck und wird mich nicht wenige Tage vor dem NaNo im Stich lassen. Viel mehr möchte ich im Moment noch nicht verraten – außer, dass ich mich riesig auf diesen Roman freue und gespannt bin, was die Figuren noch alles hinter meinem Rücken aushecken. Denn dass mein sorgsam geplanter Plot spätestens Mitte November vom rebellischen Cast über den Haufen geworfen wird, das ist auch so ein Merkmal meiner NaNo-Romane …

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