50.000 Wörter in einem Monat: Das ist seit 2009 mein jährliches Novemberritual. Wobei ich der Vollständigkeit halber hinzusetzen muss, dass ich in allen NaNoWriMos nach 2009 deutlich mehr als 50k geschrieben habe. Nicht unbedingt, weil ich den Wortzahlenrekorden hinterhergehechelt wäre, sondern weil ein typischer NaNo-Roman mich so in den Schreibsog zieht, dass ich überhaupt nicht mehr aufhören mag. Es ist ein bisschen wie das Gefühl, das man normalerweise beim Lesen eines guten Buches hat: »Ach, nur noch ein Kapitel, dann knipse ich das Licht aus … Moment mal, wieso ist es plötzlich sechs Uhr früh?«

Bereits seit Ende August stand für mich fest, was ich schreiben wollte: Die gestohlene Stadt. Von Anfang an hatte das Projekt alles, was für mich persönlich einen guten NaNo-Roman ausmacht (also gut im Sinne von: Ich kann ihn im November schreiben).

Eher spontan kam dann wenige Tage vor dem Startschuss ein zweites Projekt dazu – und zwar Jeder Knopf ein Schicksal, wenngleich es mittlerweile unter einem anderen Arbeitstitel unterwegs ist. Das Buch soll weitergeschrieben werden, lieber heute als morgen, und innerhalb eines Tages vollzog ich die gedankliche Kehrtwende von »Im NaNo kann ich das auf gar keinen Fall machen« zu »Warum eigentlich nicht?«.

Zwei NaNos? Die einzige Möglichkeit, denn Die gestohlene Stadt aufzuschieben, ging einfach nicht. Das hätte mir einfach das Herz gebrochen. Und so irrwitzig, wie die Idee eines Doppel-NaNos auf den ersten Blick aussieht, ist sie letztlich gar nicht. Erfreulicherweise habe ich in meinem Freundeskreis jede Menge Autoren, die genauso bekloppt sind wie ich und den Doppel-NaNo schon seit Jahren praktizieren, indem sie mit zwei Projekten an den Start gehen. Ich weiß also, dass es funktionieren kann. Ich weiß ebenfalls, dass ich während eines NaNo genug Wörter produzieren kann, um zweimal die 50k zu knacken.

Nur bin ich bisher immer davon ausgegangen, dass mir der Wechsel zwischen zwei Projekten nicht liegt. Zumindest im regulären Alltag funktioniert das für mich nicht, da schreibe ich eigentlich nie an zwei Sachen parallel. Und dann noch zwei unterschiedliche Genres, zwei Geschichten, deren Erzählstimmen und Atmosphäre sich völlig voneinander unterscheiden wird? Der Entschluss hätte mir vielleicht Bauchweh machen sollen. Das tat er aber nicht. Wohlige Aufregung und Vorfreude auf eine ganz neue Herausforderung treffen es wohl eher.

Für ein Zwischenfazit ist es nach zwei Tagen eindeutig noch etwas früh, aber: Es scheint zu funktionieren. Die gestohlene Stadt erweist sich wie erwartet als der perfekte NaNo-Roman, der mich fast von selbst durch seine Handlung trägt. Die Wörter purzeln hier mühelos und ich muss darum kämpfen, mich vom Projekt loszureißen. Ein Schreibflow, den ich ziemlich vermisst habe und der darum richtig, richtig gut tut.

Jeder Knopf ein Schicksal schreibt sich da ganz anders. Es ist keine Geschichte, die ich locker-flockig runtererzählen kann. Aber: Das tägliche NaNo-Pensum (also 1.667 Wörter) erweist sich als schaffbar. Und intensives Eintauchen tut dem Projekt wirklich so gut, wie ich gehofft habe. Gleich am ersten Schreibtag hat es mich damit belohnt, dass die Schauplatzrecherche mir einen Ort ausspuckte, der für die anstehende Szene auf so vielen Ebenen perfekt passte: ein kleiner Funken Schreibmagie und damit ein gutes Zeichen.

Bleibt die Frage, ob und wie ich mit meiner Doppelgleismethode den November durchstehen werde. Momentan schreibe ich Die gestohlene Stadt vormittags, Jeder Knopf ein Schicksal abends, achte auf Bildschirmpausen, Bewegung, Nervennahrung und all das ominöse Zeug, das Autoren normalerweise gern vergessen. (Und nein, ich schreibe nicht nur den ganzen Tag an meinen NaNo-Projekten, so schön das wäre.) Abends bin ich tendenziell platt, und spannend wird es in den nächsten Tagen, in denen ich zwischendurch auch mal außer Haus unterwegs bin.

Aber auch das ist NaNo: Es soll ja spannend bleiben. Mal sehen, was ich nächste Woche berichten kann – wenn ich mich nicht bis dahin völlig überfordert in die Karibik abgesetzt habe.

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